Der Workshop geht von dem Befund aus, dass in der eskalierenden Phase gouvernementalen, territorialstaatlich gehegten Regierens, als die die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts begriffen werden kann, eine Experimentalisierung des Politischen stattfindet. Dies betrifft sowohl Begriffe des Politischen an sich als auch ein von Sekuritätsdenken bestimmtes Regierungswissen.
Mit dem Begriff des Experiments bleibt es trotz diverser Verunsicherungen epistemologischer und politiktheoretischer Natur möglich, mit Kontingentem zu operieren, ohne die Zweckorientierung aufzugeben oder im Numinosen zu versinken. Das Experiment galt dementsprechend künstlerischen und politischen Avantgarde-Bewegungen als Instrument innovativer, ja subversiver Gesellschafts- wie Selbstentwürfe. In diesen wurde das Dysfunktionale, die Störung, das Nicht-Wahrgenommene – also Bereiche, die traditionell mit Semantiken der Fiktion, der Phantasie, des Ästhetischen bekleidet worden waren – nicht länger ausgeschlossen, sondern nunmehr als integrale Bestandteil ihres Funktionierens identifziert.
Andererseits führt die in den 20er Jahren aufkommende Ausweitung experimenteller Verfahren, psychotechnischer Prüfungen und Tests auf sozialpolitische Gebiete wie z.B. Erziehungsfragen, sozialmedizinische Maßnahmen, politische Kampagnen oder auch den Rundfunk zur Adaptierung experimenteller Forschungsmethoden für gouvernementale Regierungstechniken. In diesem Sinne wird es Hannah Arendt möglich, den Nationalsozialismus retrospektiv als eine gnadenlose ‘Experimentalisierung des Politischen’, als ein ‘Labor der Angst’ zu beschreiben.
Im Unterschied zu zahlreichen, in den letzten Jahren entstandenen wissenschaftshistorischen Arbeiten zu Experimentalkulturen und zu wissenssoziologischen Laborstudien geht es in diesem Workshop explizit darum, das gespannte Verhältnis zwischen Regierungswissen und Experiment zu sondieren, dies unter der Perspektive einer Zusammenschau naturwissenschaftlich-technischer und ästhetischer Verfahren und ihrer politischen wie philosophischen Implikationen, die, so die These, gemeinsam an einer Neukonfiguration der Semantiken des Experiments wie des Politischen arbeiten.
Auf Deutsch
With
Kyung-Ho Cha
Ute Holl
Michael Gamper
Maria Muhle
Alfred Nordmann
Astrid Schwarz
Katrin Solhdju
et al.
Organized by
Karin Harrasser und Katja Rothe
Eine Kooperation der Universität Wien, dem phd-net: Das Wissen der Literatur (Humboldt Universität zu Berlin) und dem ICI Berlin
The event, like all events at the ICI Berlin, is open to the public, free of charge. The audience is presumed to consent to a possible recording on the part of the ICI Berlin. If you would like to attend the event yet might require assistance, please contact Event Management.