Jean Laplanche ist einer der bedeutendsten französischen Psychoanalytiker, der weit über Frankreich hinaus bekannt war: Erst als Mitherausgeber des Vokabulars der Psychoanalyse mit Jean-Bertrand Pontalis (1967/1972) und später als Begründer der Allgemeinen Verführungstheorie. Die Allgemeine Verführungstheorie gilt als letzter großer Entwurf für ein gemeinsames Fundament der Psychoanalyse. Sie ist aus Freuds sogenannter eingeschränkter Verführungstheorie hervorgegangen und ruht auf zwei Pfeilern: dem Primat des Anderen und dem Primat des Sexuellen. Primat des Anderen bedeutet vereinfacht, dass das Unbewusste seinen Ursprung im Anderen und dessen rätselhaften Botschaften hat. Und Primat des Sexuellen meint, dass das Unbewusste in seinem Kern sexueller Natur ist (Laplanche 1987/2011). Im Juni 2024 wäre Jean Laplanche 100 Jahre alt geworden, seiner Lebensleistung als Erneuerer der Freudschen Psychoanalyse ist dieser Abend gewidmet.
Hélène Tessier wird in ihrem Vortrag ‘Warum Laplanche?’ darlegen, warum Laplanches Konzeption der psychoanalytischen Theorie seit einiger Zeit besondere Aufmerksamkeit auf sich zieht. Welche Anregungen liefert sie den neuen sozialen Bewegungen und deren Verständnis von der Sexualität innerhalb veränderter familiärer Strukturen?
Im Anschluss diskutieren Udo Hock, Josef Ludin, Ilka Quindeau und Hélène Tessier über die unterschiedliche Rezeption von Laplanches Theorie in Frankreich, Deutschland und Nordamerika.
Hélène Tessier ist Mitglied der Société canadienne de psychanalyse (IPA) und Vizepräsidentin der Societé Psychanalytique de Montréal als auch der Fondation Jean Laplanche sowie Professorin an der Saint Paul University in Ottawa. In ihren zahlreichen Veröffentlichungen zum Werk Laplanches stehen erkenntnistheoretische und ethische Fragestellungen im Mittelpunkt.
Udo Hock war ein enger Vertrauter Laplanches. Er ist Übersetzer und Herausgeber des Werks von Laplanche auf Deutsch und wird insbesondere über seine Vermittlerfunktion zwischen Frankreich und Deutschland sprechen.
Josef Ludin, der seine Ausbildung in der von Jean Laplanche mitbegründeten Association psychanalytique de France (APF) absolvierte und Ausbildungsanalytiker dieser Institution ist, wird über die Bedeutung Laplanches für die französische Psychoanalyse sprechen.
Ilka Quindeau ist eine der bekanntesten Laplanche-Kenner:innen im deutschsprachigen Raum und wird über ihre Erfahrungen mit Werk und Person berichten.
Programm
18:30 Einführung (auf Deutsch)
18:40 Vortrag Hélène Tessier (auf Englisch)
19:30 Diskussion mit Udo Hock, Josef Ludin, Hélène Tessier und Ilka Quindeau (auf Deutsch)
Mit
Udo Hock
Josef Ludin
Ilka Quindeau
Hélène Tessier
Organisiert von
Udo Hock und Ilka Quindeau
Eine Veranstaltung der Fondation Jean Laplanche in Kooperation mit der Sigmund Freud Stiftung und dem ICI Berlin
Image Credit @ Claudia Peppel